Foto: “Funk und Fernsehen der DDR”, Nr. 1/1964, Seite 14; im Bild: Ernst-Georg Schwill und Renate Rennhack.
Autor: Alfred Matusche
Dramaturgie: Christa Vetter
Szenenbild: Heinz-Helmut Bruder
Regie: Robert Trösch
Robert (Ernst-Georg Schwill), Änne (Gudrun Ritter), Hipt (Eberhard Mellies), Domke (Ralph J. Boettner), Elli (Renate Rennhack), Nonne (Barbara Adolph), Bruno (Rolf Römer), Sally (Ursula Am Ende), Fräulein Hübsch (Georgia Kullmann).
30.12.1963 Erstausstrahlung
"Der Ausreißer", ein Stück des eigenwilligen Dramatikers Alfred Matusche (1909-1973), schildert Geschichten aus einem Berliner Mietshaus. Es ist kein außergewöhnliches Gebäude, die Menschen ,die hier wohnen gingen Jahr für Jahr aneinander vorbei, man grüßte sich oder sprach auch miteinander. Natürlich gab es hin und wieder Auseinadersetzungen und - in Bezug auf einige Leute - den üblichen Tratsch. Das war insgesamt nichts Aufregendes, aber das sollte sich ändern.Am 1. Januar eines Jahres, das gerade begonnen hatte, verkaufte der Hausbesitzer und Sarghändler namens Domke (Ralph J. Boettner) seinen teuersten Sarg, den er am Lager hatte. Er hatte schon immer Zweifel, ob er das teure Ding in dieser Arbeitergegend je loswerden würde. Nun aber wollte er diesen Sarg aus der hintersten Ecke des Lagers hervorholen und zum Verkauf vorbereiten. Dabei entdeckt er seine Tochter, die hier in der eisigen Nacht auf dem Zementfußboden geschlafen hatte. Es blieb ihr wohl nichts anders übrig, den in der Wohnung war sie ein Störfaktor, weil der Vater wieder mal "Besuch" hatte.Ein ganz anderes Erlebnis an diesem Neujahrsmorgen hat Robert (Ernst-Georg Schwill), ein junger Arbeit suchender Schlosser. Als er die Zeitung aufschlug, sah er, dass sein Name in der Zeitung stand, denn man hatte zum ersten Mal drei seiner Gedichte abgedruckt. Wenn das nicht ein schöner und hoffnungsvoller Jahresanfang war! Zudem hatte er, weil er sehr früh dem Elternhaus den Rücken kehrte ("Ausreißer"), oftmals sehr negative Erfahrungen in seinem jungen Leben machen müssen.Änne (Gudrun Ritter), 20 Jahre alt, die Mieterin des kleinen Mansardenstübchens unterm Dach dieses Hauses, verlässt zu dieser Zeit ihre Wohnung und tritt mit einem Packen Zettel in der Tasche die Straße. Und der Polizist Hipt (Eberhard Mellies) kehrt gerade von seinem Streifendienst zurück. Dabei musste er sich mit der Schlichtung von Schlägereien befassen, wobei es dabei nicht um Auseinandersetzungen um Mädchen oder Spielgewinne ging, nein, es drehte sich alles um Politik. All das macht für Hipt keinen Sinn. Er begreift auch Änne nicht: schon einige Zeit wirbt er um sie, aber bis dato hatte er kein Glück bei ihr. Offensichtlich will Änne als Kommunistin nicht mit einem Polizisten Arm um Arm durch die Straßen gehen.So sind die Mieter des Hauses gleich am ersten Tag dieses Jahres schon wieder mit unterschiedlichen Geschehnissen konfrontiert wurden Dieser 1. Januar ist in gewisser Weise für alle ein Tag, an dem man bestimmte Entscheidungen noch aufschieben kann. Aber einige Wochen später sollte dies anders sein, das hieß es für alle: Farbe bekennen! Denn man schreibt das Jahr 1933, und die Machübernahme durch die Nazis steht kurz bevor.
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