Foto: “Funk und Fernsehen der DDR”, Nr. 50/1962, Seite 19; im Bild: Ekkehard Schall als Harry Fetzer.
Szenarium: Günter Kunert/Günter Stahnke
Szenenbild: Erich Kulicke
Kamera: Werner Bergmann
Musik: Kurt Schwaen
Inszenierung: Günter Stahnke
Harry Fetzer (Ekkehard Schall), Agent (Rudolf Ulrich), Helfer (Johannes Maus), Gesa (Christine Gloger), junger Schiffer (Horst Kube), alter Schiffer (Gerry Wolff), Prediger (Erik S. Klein), Totengräber (Axel Triebel), 2.Totengräber (Albert Zahn), Wächter (Fred Düren), Bardame (Astrid Much), Tänzerin (Anna Kolowarzci), Sängerin (Marianne Wünscher).
13.12.1962 Erstausstrahlung; 14.12.1962 Wiederholung.
Im Jahre 1962, also ein Jahr nach dem Bau der Mauer in Berlin, feierte der Deutsche Fernsehfunk und damit das Fernsehen in der DDR sein 10. Gründungsjubiläum. Noch vor diesem Tag wurde die Qualität der dramatischen Kunst des DFF in der Weise anerkannt, dass man westliche TV-Produktionen nicht kopierte, sondern dem Sozialismus entsprechende, eigene Wege beschritt. Zur Würdigung des 10. Jahrestags des DFF konzipierten die Verantwortlichen dieser Sendestation einige TV-Produktionen, in denen diese Eigenständigkeit eine maßgebliche Rolle spielen sollte. So griff man Günter Kunerts Funkoper “Fetzers Flucht” auf, die schon 1959 bei Radio DDR I zu hören war und von der OIRT ausgezeichnet wurde, mit einem Diplom, unterzeichnet von Dmitri Schostakowitsch.
Die Handlung des Stücks umriss Geschehnisse um einen Mann, der aus der DDR in den Westen flüchtete, dann aber in Folge negativer Erfahrungen in “seinen Staat” zurückkehrt. Als politisch-ideologisch positiv daran - im Sinne der Staatspartei SED - war zu konstatieren, dass es zwei souveräne deutsche Staaten gibt und, wie das Beispiel zeigt, die DDR dabei der bessere ist. Denn nach der Errichtung der Mauer - dies als thematische Erweiterung gegenüber der Rundfunkausstrahlung von 1959 - kann der Sozialismus in der DDR ungestört weiter aufgebaut werden, und es schreitet damit eine Gesellschaft voran, in der der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht das Kapital.
Letztlich blieb nach Ausstrahlung von “Fetzers Flucht” für die zuständigen Fernseh-Schaffenden zu konstatieren, dass man - nach Auffassung von SED-Spitzenfunktionären - eine thematisch wichtige und gute Vorlage mit “ungeeigneten” Mitteln inszeniert hatte. Eine Fernsehoper in dieser Form, so die offizielle Kritik, hatte sich von den künstlerisch-ästhetischen Prinzipien des so genannten “sozialistischen Realismus” zu weit entfernt. Abgelehnt wurden in Detail die expressiven Bilder und das Auftreten der Darsteller als “stilisierte Charaktere”. Auch der als “verfremdeter Stil” benannte Kritikpunkt zu “Fetzers Flucht” führte mit den anderen “Argumenten” dazu, dass diese TV-Produktion einer Art subjektivistischer Kunst zugeordnet wurde, womit sie Ausdruck der bürgerlich-kapitalistischen Lebensweise sei.
Unabhängig von dieser politisch-ideologischen Abwertung von Fetzers Flucht kam diese Fernsehoper als eine Sendung zur Unterhaltung am Abend bei den “normalen” Zuschauern des DFF dank ihrer exzentrischen, ungewohnten Ausdrucksweise nicht gut an.
Anmerkung: Dieses Dokumentationsblatt wurde auf der Grundlage einer Information von Frau Dr. Ina Iske-Schwaen, Leiterin des Kurt-Schwaen-Archivs in Berlin, am 04.05.2021 überarbeitet.
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